Kapitel 6

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Arriss hob den Kopf und versuchte sich aufzurichten. Vom Aufprall auf dem harten Boden, taten ihr der Rücken und das Hinterteil weh. Alles klang irgendwie dumpf und sie brauchte einen Moment um zu bemerken, dass der Jedi sie mit der Macht abschirmte. Er drückte sie immer noch runter und starrte dorthin, wo einmal die Fensterscheibe gewesen war. Vereinzelt krachten von oben noch einzelne Glassplitter auf den Boden. Die Schmugglerin versuchte ihre Beine zu befreien und wandte sich hin und her. "Geh sofort runter von mir!", fuhr sie Tho'sam an. Er ignorierte ihren Protest und beobachtete immer noch die neu entstandene, riesige Öffnung in der Wand. Schließlich schubste sie ihn mit ihren Knien von sich und rutschte ein Stück zurück.



"Bitte bleib ruhig.", sagte der junge Chiss zu ihr. Dann ging er in die Hocke und drehte sich zu ihr um. Er signalisierte ihr mit einer Hand unten zu bleiben. Einen Moment später spürte sie, wie der Schutzschild um sie beide fallengelassen wurde. Ein Hauch kühler Nachtluft durchflutete jetzt den Raum. "Es wird sicher gleich jemand kommen und sich um die da draußen kümmern. Mach dir keine Sorgen, es wird dir nichts passieren."



Es war ein kläglicher Versuch sie zu beruhigen und hatte eher die gegenteilige Wirkung. Arriss spürte wie ihre Wangen brannten. Sie richtete sich auf, um auch einen Blick nach draußen werfen zu können. Es war seltsam ruhig, von den Eindringlingen konnte man nichts sehen. Sie versuchte klar zu denken, aber ihr Herz klopfte bis zum Hals. "Ich soll ruhig bleiben?", zischte sie Tho zu. "Das ist doch wohl ein Witz! Das ist mit Abstand das am schlechtesten bewachte und bewaffnete Gebäude auf ganz Coruscant. Wie kommen wir jetzt hier raus?" Sie schaute in Richtung Ausgang und versteckte sich hinter den Pflanzen. Links und rechts von ihr führten Türen aus dem Raum heraus. Beide waren geschlossen. Durch die hereinströmende Luft war die Temperatur im Raum schnell gesunken, aber das bemerkte Arriss kaum. Sie wollte nur weg hier. Die Tür zu ihrer linken führte zurück ins Treppenhaus, vor ihr klaffte das Loch im Fenster, welches raus auf den Balkon führte. Was sich hinter der Tür zu ihrer rechten befand, war nicht ersichtlich. Ratlos drehte sie sich wieder um. Tho'sam versuchte wieder über seinen Kommunikator eine Verbindung herzustellen. Das Hologramm einer winzigen Gestalt erschien und der Chiss-Schüler atmete erleichtert auf.


"Na endlich!", hörte sie ihn sagen. Er hatte seine Stimme gesenkt und redete leise mit einer Gestalt, die ebenfalls in Roben gehüllt war. Sein Meister vermutete Arriss, hatte er nicht sowas erwähnt? Angestrengt versuchte sie zu lauschen, war jedoch zu weit entfernt. Sie starrte abwechselnd zum Fenster und zu den beiden Jedis, die offensichtlich sehr in ihr Gespräch vertieft waren. Sie hörte eine fremde Stimme, die langsam lauter wurde. "Du wirst nichts dergleichen tun! Geh bitte zu den anderen und warte.", sagte das kleine Hologramm und Tho ließ resigniert die Schultern hängen. Arriss war nähergekommen und bemerkte nun die dritte Tür, durch die der Ausbilder mit den Jünglingen verschwunden war.



"Wo führt diese Tür hin? Kommen wir da auch nach draußen?", fragte sie und wollte ihr Glück versuchen.



Sie wurde unsanft am Arm festgehalten. Hastig hatte Tho'sam nach ihr gegriffen und hinderte sie am Weitergehen. "Du kannst da nicht einfach reingehen. Das sind Privaträume. Und außerdem geht es da nicht raus." Das Bild auf dem Holokom flackerte unruhig, als er damit herumfuchtelte.



"Wer ist da bei dir, Tho? Was machst du da?" Jetzt konnte sie auch deutlich die Stimme des Jedi-Meisters verstehen, er klang alles andere als erfreut.



Tho nahm hastig die Hand von Arriss Arm und konzentrierte sich wieder auf das Hologespräch. "Meister, hier ist eine ...", er warf einen schnellen Blick auf die junge Frau neben sich." Wir haben hier eine Besucherin. Sie kam kurz bevor wir angegriffen wurden."



"Und du hast sie gleich ins obere Stockwerk gebracht?" Man konnte die Unzufriedenheit des Jedi-Meisters hören.



Tho verzog, sichtlich verlegen, den Mund und drehte sich um. Mit dem Rücken zu Arriss gewandt, antwortete er mit gesenkter Stimme. "Meister, wir wurden angegriffen... wo sollten wir so schnell hin? Und was machen wir jetzt? Soll ich sie mit nach hinten..."



"Nein!", fiel der ältere Mann ihm ins Wort. "Mit wievielen Angreifern habt ihr es zu tun? Wir werden in ein paar Minuten da sein."



"Im Moment kann ich noch niemanden sehen. Vielleicht sind sie unten? Das mit der Scheibe hier könnte nur zur Ablenkung sein." überlegte der Padawan. Er fuhr sich nervös durch die Haare und schien doch nicht so gelassen zu sein, wie es erst den Anschein hatte.



Arriss beobachtete die Öffnung in der Scheibe und kaute auf ihrer Unterlippe. Von unten drangen leise Geräusche an ihre Ohren, vermutlich wurde dort gekämpft, überlegte sie. Dann hatte Tho Recht und das Ganze war nur ein Ablenkungsmanöver? Sie pirschte sich langsam näher an die Öffnung und versuchte zu erkennen, ob noch jemand auf dem Balkon war. Von hinten vernahm sie die Stimmen der beiden Jedis, jetzt wieder lauter.



"Dann bring sie hier raus. Nimm einen Gleiter und bring sie erstmal weg. Ich melde mich bei dir, sobald geklärt ist, was das alles zu bedeuten hat.", hörte sie die tiefe Stimme sagen.



Sie überlegte fieberhaft, was sie tun sollte. Wenn sie jetzt ging, würde Dyzz vielleicht ...


Den Gedanken wollte Arriss nicht weiter folgen. Vielleicht konnte sie irgendwas in den Gleitern der Angreifer finden. Einen Hinweis auf Dyzz Aufenthaltsort eventuell. Die Alternative wäre, einen der Schläger zu befragen. Sie schüttelte den Kopf und setzte sich in Bewegung. Darauf bedacht, möglichst in Deckung zu bleiben, schob sie sich dichter an das zerbrochene Fenster. Die letzten Meter drückte sie sich an die Wand und spähte dann um die Ecke nach draußen. Alles war ruhig. Die Gleiter standen weit auseinander. Einer befand sich in ihrer Nähe und sie überlegte, wie sie unbemerkt hingelangen konnte, als etwas anderes ihre Aufmerksamkeit erregte. Die Eindringlinge hatten eine einzelne Wache postiert, die vor der Tür wartete. Der in schwere Panzerung gehüllte Mann wanderte auf und ab und behielt scheinbar die Ausgänge im Auge. Von dem Gleiter blieb er weit genug weg, um sich unbemerkt anschleichen zu können, befand Arriss und warf einen Blick nach unten. Es würde kein großer Sprung nach unten sein, so tief war es nicht. Die Unterlippe immer noch zwischen die Zähne geklemmt, nahm sie ihren Mut zusammen und schob die Beine über die Kante. Gerade als sie sich fallen lassen wollte, wurde sie unsanft von hinten am Kragen ihrer Weste gepackt. Der Rand ihres Shirts legte sich eng um ihren Hals und einen Moment lang blieb ihr die Luft weg. Sie keuchte und drehte sich überrascht um. Tho'sam stand hinter ihr, packte sie und zog sie zurück.



"Was soll das?", zischte sie ihm zu und versuchte sich aus seinem Griff zu winden.



"Schhhhhh ...", kam nur von ihm und er fuchtelte mit der Hand um sie zum Schweigen zu bringen.



"Ich will nach unten, zu dem Gleiter. Vielleicht kann ich da etwas über Dyzz finden.", fuhr sie ihn viel zu laut an.



Seine Augen verengten sich ein wenig und er sah beunruhigt von ihr nach draußen. "Ruhe jetzt!" Er fasste sie wieder am Kragen und schob sie mit dem Arm rückwärts an die Wand.


Sie verstummte und ihre Augen weiteten sich ein wenig. Beide lauschten und hielten den Atem an. Arriss Blick wanderte von ihrem Gegenüber zu dem Wachposten. Es war immer noch alles ruhig. Tho'sam konnte ihr Herz heftig schlagend an seinem Unterarm spüren und wurde sich der Nähe bewusst. Er starrte auf seine Hand, verstärkte seinen Griff einen Moment lang bis die Fingerknöchel weiß hervortraten. Dann ließ er sie los und ging neben ihr an der Wand in Deckung. Arriss tastete mit einem Finger an ihrer Unterlippe entlang und bemerkte, dass sie sich wohl darauf gebissen hatte. Sie warf Tho einen bösen Seitenblick zu.


"Was sollte das denn jetzt?", flüsterte die Chiss aufgebracht. "Ich wäre schon vorsichtig gewesen. Da unten ist nur eine Wache." Ihr kam plötzlich ein Gedanke und ihre Miene hellte sich auf. "Bist du bewaffnet? Ich meine ... tragt ihr ein Lichtschwert oder sowas?" Unendliche Möglichkeiten schossen ihr durch den Kopf. "Ihr könnt auch diese komischen Machttricks, oder? Wir könnten den da unten schnappen und befragen ..." Er starrte immer noch auf den Balkon und deutete wortlos auf eine weitere Wache. Im Schatten einer Wand schlenderte der zweite Mann jetzt auf seinen Kollegen zu und unterhielt sich mit ihm in aller Seelenruhe. Arriss verschluckte daraufhin den Rest ihrer Vorschläge.



"Erstmal ja ... ich trage ein Lichtschwert. Zweitens sind meine 'Machttricks' noch ausbaufähig und drittens ... werde ich dich jetzt einfach hier rausbringen. Es wird jeden Moment jemand eintreffen und sich um die Jungs da unten kümmern." Sein Blick verfinsterte sich. "Komm mit, es gibt einen besseren Weg hier raus als durch das Fenster." Er wollte sich abwenden und gehen.



Arriss griff nach seiner Robe um ihn aufzuhalten. "Aber ich muss wissen wo Dyzz ist. Das ist die beste Chance die wir bekommen werden!" Eine Spur Verzweiflung huschte über ihr Gesicht, bevor sie die Lippen aufeinanderpresste und zu den Wachen schaute. Tho schien zu überlegen, was er jetzt machen sollte. Hin und hergerissen zwischen der Pflicht zu tun was sein Meister ihm aufgetragen hatte und dem Wunsch zu helfen. Schließlich seufzte er. "In Ordnung. Auf dem Weg nach draußen versuchen wir etwas herauszufinden. Wenn wir es schaffen, schauen wir in den Gleiter. Aber ich werde kein Risiko eingehen und wenn sie uns angreifen, verschwinden wir sofort!"



Sichtlich erleichtert atmete Arriss auf und nahm ihre Hand von dem rauen Stoff seines Ärmels. "Danke.", sagte sie leise. "Und wie kommen wir jetzt hier raus? Nach unten wäre wohl keine gute Idee, oder?"



"Nein, auf den Balkon, dort lang." Er zeigte auf eine Tür, die gegenüber von der lag, durch die sie gekommen waren. "Von dort können wir mehr sehen und sind dichter bei dem Gleiter. Los!" Tho setzte sich in Bewegung und Arriss folgte ihm. Sie hielten sich dicht an der Wand und lauschten immer wieder, ob sie Gesellschaft bekamen. Als sie die Tür erreichten, schwang diese lautlos auf. Sie gelangten in ein ähnliches Treppenhaus wie das am anderen Ende. Er führte Arriss nach links. Die Tür hinter ihnen schloss sich und eine andere ging auf. Dahinter befand sich der Balkon. Tho schlich weiter, in den Schatten eines großen palmenartigen Baumes. Arriss beeilte sich mit ihm Schritt zu halten. Nicht weit von ihr entfernt stand das Fahrzeug. Sie reckte ihren Kopf aus der Deckung um sich einen Überblick zu verschaffen. Bevor Tho'sam es verhindern konnte, stützte sie sich auf einen Ast des Baumes und beugte sich so weit vor, dass sie die beiden Wachen im Blick hatte. Die standen immer noch zusammen und unterhielten sich leise. Als sich Arriss zu Tho umdrehte und ihr Gewicht verlagerte, knackte es bedrohlich unter ihr. Die Chiss riss die Augen auf, als das Holz unter ihr splitterte und nachgab. Dann krachte sie auch schon nach unten. Mit der Hand vor dem Gesicht spähte Tho an seinen Fingern vorbei zu den beiden schwarz gekleideten Aufpassern. Diese starrten beide in ihre Richtung und begannen im selben Augenblick ihre Waffen einsatzbereit zu machen, wenn sie das nicht ohnehin schon waren. Einer der beiden ging schnell zu einem Fahrzeug, um Hilfe zu rufen.



Arriss versuchte sich so klein wie möglich zu machen und zog den Kopf ein. "Ich wusste gar nicht wie schwer ich bin.", murmelte sie zerknirscht.



"Verdammt noch mal!", knurrte der Jedi und griff an seine Hüfte um sich ebenfalls zu bewaffnen. "Los, zieh deine Waffe ... sie kommen."



"Hmm ... meine Waffe liegt unten bei der freundlichen Dame am Empfang." Außerdem besaß sie eh nur einen uralten, unzuverlässigen DL-44, dem sie nicht über den Weg traute. Einerseits war es gut, dass sie den Blaster jetzt los war, andererseits wäre er jetzt besser als nichts gewesen. Sie zuckte mit den Schultern. "Die enormen Sicherheitsvorkehrungen hier ... ich werde wohl mit Steinen werfen müssen."



Jetzt starrte Tho sie wieder ungläubig an. "Das darf doch nicht wahr sein. Wer ist jetzt am schlechtesten bewaffnet?"



"Das bin dann wohl ich.", entgegnete sie schnippisch und kroch langsam rückwärts, während der Jedi sich kampfbereit machte.


Leute, die um des Profits willen schlimme Dinge tun? ... ich bin so froh, dass ich niemanden kenne, auf den diese Beschreibung passt! :kissing_face: