Kreative Anordnung der Wirbel

Eine kleine Auslassung über die letzten Wochen von mir, wie es mir mit meinem ach so lieben Rücken ging. Es ist wohl mehr zur eigenen Verarbeitung gedacht, als für sonst irgendwas. Also allfällige unlogische Inhalte einfach ignorieren.



Gesichter, die im Neid ersticken
Verlogen in die Augen blicken
Ein Händedruck als Freundschaftsband
Den Dolch schon in der andren Hand
Das sind die Freunde deiner Welt
Für die nur ihre Meinung zählt
Kalt lächelnd über Leichen gehen
Die deine Sorgen nicht verstehn


Hab einen Schwur - ich werd mich rächen
Erkennt in mir was ihr nie seid
Spürt meinen Zorn - werd mit euch brechen
Ich sage euch: Ihr tut mir leid!


Ich frage euch wer seid ihr schon
Des Schicksalsmächte purer Hohn
Ich jag euch fort, bin nicht bereit
Vor falschen Freunden nun gefeit
©Saltatio Mortis


Schmerz. Ein Stich. Alles vorbei. Es ging so schnell und doch so langsam. In solch kurzer Zeit und doch über mehrere Wochen. An einem Dienstag, aber die Tage davor auch schon. Doch dieser eine Dienstag war der Stichtag. Wortwörtlich. Mit ihm hatte alles begonnen und an ihm hatte ich den ersten Stich verspürt. Ich hatte Rückenschmerzen. Höllische Rückenschmerzen. Und ich war am Arbeiten, die Schicht gerade erst begonnen. Ich weiss nicht mehr, wie ich den Tag überlebt hatte, doch schaffte ich es irgendwie. Zum Glück durfte ich auch an genau diesem Tag früher Feierabend machen. Zum Glück…
Erst dachte ich, es sei einfach eine vorrübergehende zu hohe Belastung für meinen Rücken und er spiele deshalb verrückt. So ging ich die nächsten Tage auch noch mit Müh und Not arbeiten. Dass es nur noch zwei Tage waren, bis ich Urlaub hatte, spielte dabei bestimmt auch eine grosse Rolle. Nach dem letzten Arbeitstag hatte ich dann auch einen Arzttermin. Meine Wirbel seien schräg, da sie durch verspannte Muskeln zur Seite gezogen werden. Phu. Also nichts Schlimmes. Das würde vorbeigehen. Also ab zur Physiotherapie und das wieder richten lassen. Auch die sagte nichts Anderes und so begann ich meinen Urlaub zu planen. Zwei Wochen hatte ich. Also die erste Woche noch schonen, da ich noch immer starke Schmerzen hatte und die zweite dann irgendwo hinreisen. Egal wohin, Hauptsache weg. Doch die Schmerzen blieben. Die zweite Woche mit Schmerzen, die erste Urlaubswoche brach an. Die Tage vergingen. Ich tat nichts anderes, als herumliegen, die Übungen der Physio machen und Hörbücher oder Musik hören. Am Anfang ging diese Beschäftigung noch recht gut. Doch nach einigen Tagen, mehrere Hörbücher durchgehört, konnte ich nicht mehr. Ich war nervlich am Ende. Ich wollte raus! Ausserdem fühlten sich die Schmerzen schon besser an und so unternahm ich etwas. Eine Pokemon-Go-Spielrunde unter Freunden. Ein Fehler. Oder auch kein Fehler. Je nach Betrachtungsweise. Jedenfalls ging es nicht. Es tat weh. Sehr weh. Also… wieder nach Hause und weiter herumliegen.
Nebst den Schmerzen war da dann aber auch noch das Umfeld. Allen RP-Kontakten absagen. Check. Der Raidgruppe Bescheid sagen. Check. Bei meinem Forum-RPG Bescheid sagen. Check. Der Familie nochmal vorjammern, wie weh es doch tut. Che… Nein. Doch nicht. Den Freunden sagen, dass man nichts unternehmen kann. Check. Verständnis der Freunde einholen. Che… Hrm. Nein, auch nicht.
Die Tage vergingen erneut. Nebst der Langeweile kam, wie vielleicht ersichtlich, nun auch noch das Unverständnis des Umfeldes dazu. Ich wurde als unzuverlässig geschimpft, als faul. Als Jammerlappen. Also begann ich zu schweigen. (Leider führte das nur dazu, dass die Vorurteile noch schlimmer wurden. Immerhin jammerte ich ja nicht mehr, wie konnte ich denn da Schmerzen haben?)
Die zweite Ferienwoche brach an. Immer noch keine Besserung. Dafür aber mehr Informationen. Nicht meine Muskeln sind schuld, sondern mein Becken. Es ist schräg, was wahrscheinlich von meinem Beruf kommt. Meinem Traumberuf. Das Tragen von kleinen Kindern an der Seite, hatte mein Becken angeschrägt. Ja super. Danke.
Apropos. Arbeiten. Ich sah mich vor die Frage gestellt, was ich bezüglich meiner Arbeit tun sollte. Ich war mit einem Stundenlohn freischaffend bei einer Familie angestellt. Ein Traum sage ich euch! Doch… was nun? Ich konnte nicht arbeiten. Ich konnte ja nicht mal anständig sitzen! Also musste ich denen auch absagen. Unzuverlässig. Schoss es mir sofort durch den Kopf. Oh, das kostete Überwindung, der Familie zu schreiben. Doch es klappte, sie akzeptierten es und wir verlängerten meinen Urlaub um eine Woche, damit ich Zeit hatte, gesund zu werden. Das klang so schön, dass ich es selber glaubte. In einer Woche wieder gesund zu sein. Achja.
Die Zeit verging weiter. Mein Becken war dann doch nicht schuld. Nein. Eine Skoliose. Eine kreative Wirbelsäule. Eine Wirbelsäule, die statt grad zu sein, wie jede andere, lieber schräg war und verkrümmt. Ich hätte das schon immer gehabt. Nur jetzt erst seien die Beschwerden gekommen. Super. Danke. Heisst das demnach, dass ich jetzt immer wieder Schmerzen habe und meinen Beruf vergessen kann?
Naja. Egal. Immerhin konnte ich jetzt endlich meiner Familie sagen, was ich habe und Verständnis und vielleicht sogar etwas Mitleid von ihnen bekommen! Ja, sie würden jetzt sicher verstehen, was los war und mich unterstützen! Sie würden auch sicher die Sprüche sein lassen!
"Wir waren doch verabredet, warum sagst du ab? Magst du mich nicht mehr?"
"Sie hilft nicht mal im Haushalt, alles muss ich alleine machen, weil sie ja 'krank' ist."
"Aber, wenn du nach Bamberg reisen kannst, kannst du doch auch arbeiten gehen!"
"Gestern beim Familienessen konntest du doch auch lange sitzen, warum dann in der Schule nicht?"
Dann der grosse Schock. Es war ihnen egal. Egal! Keine Reaktion. Einfach nur egal. Ich war am Boden zerstört. Ich war nun also offiziell mit meinem Problem allein. Meine wahren Freunde konnte ich nicht immer damit nerven, die falschen hatten sich schon lange verpisst und meine Eltern liessen mich nun auch noch im Stich?!
Und wohin nun mit all meinen Fragen? Mit den Sorgen, aber auch mit den wirklich wichtigen Fragen?
Was muss ich nun tun? Muss ich mich umschulen lassen?
Muss ich mich bei der Krankenkasse melden?
Muss ich mich bei der Invalidenversicherung melden?
Beim Sozialamt?
Bekomme ich irgendwoher Gelder, solange ich Arbeitsunfähig bin?
Wie soll ich die Miete bei meinen Eltern, all die Arzttermine und Therapien bitte bezahlen?
Ein Arztzeugnis bekomme ich nicht. Der fand es für klüger, mich noch zu weiteren Ärzten zu schicken, statt mir mal wirklich zu helfen.
Ich habe doch keine Ahnung davon… Ich war noch nie zuvor mehr als 5 Tage am Stück krank!
Und dann sind da noch die anderen Fragen. Die persönlichen Fragen. Zum Beispiel, ob ich jemals wieder ohne Schmerzen leben kann. Ob ich auch mit Schmerzen das tun kann, was mich erfüllt und glücklich macht, oder ob ich auch das alles aufgeben muss um mir andere Dinge zu suchen.
Samariter. Postendienst stehen. Schwimmen. Panflöte spielen. Cosplays nähen, bauen und auch tragen. Einfach ein RP-Abend ohne Schmerzen. Oder mal ganz banal: In der Schule nicht dauernd stehen müssen im Unterricht, weil Sitzen einfach nicht geht. Es halten mich da doch schon alle verrückt. Erst will ich dauernd einen Hut im Unterricht tragen, weil ich allergisch auf Licht reagiere und dann steh ich auch noch rum.



Die Scheinkranke.
Die Unzuverlässige.
Die Arbeitslose.
Die Faule.
Der Jammerlappen.
Die... Lügnerin.