• Gedanken einer Chiss
    Tif’yle’amersu. Wer bin ich?


    Die unteren Ebenen von Nar Shaddaa waren stets nur vom künstlichen Licht erhellt, doch in diesem Sektor war es fast wie in einer tief schwarzen Nacht bei einer Mondfinsternis auf Alderaan. Nur die Neonreklamen vor den Bordellen, Casinos und Absteigen tauchten die Umgebung in ein fahles flackerndes Lichtspielt verschiedenster Farben. Wie stets um diese Stunde drängten sich die verschiedensten Spezies johlend und feiernd die Straße entlang. Das Stimmengewirr verschiedenster Sprachen schob sich wie ein tosender Strom entlang der Läden und floss in sie hinein und hinaus. Junge leicht bekleidete Mädchen tanzen werbend vor den Bordellen, wobei sie sich versuchten zu überbieten in ihrer Freizügigkeit und Laszivität. So manche hatte schon auf der Straße keine Kleidung mehr am Leib; runter gerissen von betrunken Passanten oder selbst in die Menge geworfen um die Aufmerksamkeit der Massen zu erregen. Die dunklen Seitengassen sahen mehr Liebhaber und Prostituierte als so manche Frau ihren Mann. Es war einer dieser Orte wo die hart verdienten Credits im Casino oder zwischen den Beinen einer Frau schneller verschwanden als Wasser verdunstete auf Tatoonie.


    So war es nicht verwunderlich, dass die dunkle Gestalt am Ende der Straße auf dem Flachdach eines zweistöckigen Hauses nicht auffiel. Sie kniete im trüben flackenden roten Neonlicht hinter der Reklame und blickte die Straße entlang. Fast hätte man meinen können, dass diese in einen schwarzen Ganzkörper Kampfanzug gehüllte Gestalt eine Puppe wäre, doch ab und an konnte man das leise Summen der Servomotoren der Brille wahrnehmen, welche die Linsen auf eine neue Entfernung ausrichteten. So ruhig die Gestalt auch saß, so stürmisch war ihr Innenleben.


    „Tif’yle wusste nicht mehr, wer sie war. Sie war schon zu lange in diesem Konflikt gefangen. Sie war eine ihrer besten Agenten gewesen und man hatte sie mit dem Namen Tif‘yle belohnt. Für einen Chiss war dies eine Auszeichnung, der ihren Status verdeutlichte, doch alle anderen betrachteten sie nur als Instrument. Seitdem man sie vor Jahren in den Dienst des Imperiums gestellt hatte, war sie nur noch ein Mörder und Schlächter gewesen. Sie hatte stets ihre Aufgaben mit der einer Chiss üblichen Hingabe durchgeführt, doch nie war sie mit ihrer Lage zufrieden gewesen. Für Tif’yle war klar, dass es so nicht weitergehen konnte und sie war ausgestiegen. Lange hatte sie geplant, bevor sie letztendlich ihren Tod vortäuschte. Damals war sie schlau genug gewesen, völlig zu verschwinden. Vermutlich wäre es auch länger als zwei Jahre gut gegangen, hätte sie nicht bei diesen Piraten Kapitän als Leibwache angefangen. Was musste er sich auch vergiften lassen von einem Sith.“
    Tif’yle betrachtete das Treiben auf der Straße unter sich. Die Betrunken nahmen zu im Laufe des Abends. Je später es wurde, umso leichter hatten es Diebe und Freudenmädchen an ihr Geld zu kommen. Auf die eine oder andere Weise, arbeiteten sie hart für ihren täglichen Verdienst. Es war der Kreislauf auf diesem Mond, der sich Tag für Tag wiederholte. Für Tif`yle jedoch war es noch nicht Zeit. Sie musste warten; allein in der Dunkelheit. Es waren diese Momente, die sie förmlich innerlich zerrissen, auch wenn sie stets die Maske der Unnahbaren trug, welche den Chiss seit ihrer Geburt gelehrt und vorgelebt wurden. Die Gedanken rasten durch ihren Kopf und hinterließen einen dumpfen Schmerz.


    „Als Tif’yle damals loszog um das Gegengift zu besorgen, kam alles wie es kommen musste. Im Grunde war es ihr da schon klar gewesen, dass dies alles zu ihrer Entdeckung führen würde. Man hatte einen alten Sith ausgemacht, der in der Lage war ein solches Gegengift her zu stellen. Doch wie es bei den Sith üblich war, konnte man ihnen nicht trauen. Nun eigentlich konnte man sich auf die Sith verlassen, denn sicher war stets, dass sie einen betrogen. Sie hatte Vorkehrungen getroffen und sich vorzeitig zurück gemeldet und den Anschein erweckt, dass sie die verstrichene Zeit verdeckt gearbeitet hatte um sich bei der Piratenbande einzuschleusen. Ihr Spiel war gut gewesen, denn schon immer hatte das Imperium ein reges Interesse gehabt, Informationen verschiedenster illegaler Organisationen zu bekommen. So konnte sie letztendlich dem Sith entkommen, denn nun hatte sie eine Macht zur Verfügung gehabt, die selbst er nicht einfach ignorieren konnte. Aber der Preis war hoch gewesen. Das Team war kaum nach Rishi zurück gekehrt, da kam schon die Nachricht, dass Tif’yle sich auf Dromund Kaas melden sollte zur Überprüfung.“
    Tif’yle bemerkte die Gestalt die am Ende der Straße einbog. Sie schob sich langsam durch den Strom der Feiernden. Die blaue Haut schimmerte leicht im Neonlicht und stach an diesem Ort noch mehr heraus, als sie es so oder so schon tat. Der Mann schien seine Umgebung im Auge zu haben und wich stets angetrunken torkelnden Gästen des Sektors aus. Mit seiner adretten Uniform war er hier so deplatziert, wie eine Tänzerin auf einem Geschäftsmeeting. Als der Chiss einige Meter zurückgelegt hatte, bogen leicht versetzt zwei weitere Gestalten um die Ecke und folgten dem Chiss unauffällig.


    „Tify’yle wusste genau wer die drei dort unten auf der Straße waren. Die zwei Hinteren waren Agenten. Menschen irgendwo im Imperium rekrutiert und ausgebildet worden. Vermutlich hatte man sie dem Chiss zur Seite gestellt, da man doch nicht ganz von seiner Loyalität überzeugt war. Tif’yle wusste allerdings, dass der Chiss hier war um sie nach Dromund Kaas zu bringen oder zu töten. Tif‘yle kannte ihn nun schon ein ganzes Leben. Es war ihr Bruder, der sich da zu einem vermeidlichen Treffen durch die Menge schob. Er war stets so loyal gewesen und hatte auf Tif’yle hinab geschaut. Seit sie sich erinnern konnte, war er ihr in jeglichen Dingen überlegen gewesen. Darin lag auch der Unterschied zwischen ihnen, während Sie praktisch an das Imperium verkauft wurde, hatte er einen hohen Posten erhalten und sie praktisch verkauft. Nun war er hier um sie zurück zu holen. Sein Ruf stand auf dem Spiel. Alles wofür er gearbeitet hatte wurde durch eine vermeintliche Verräterin bedroht. Man könnte sagen, die Familie musste eine Schande ausmerzen. Tif’yle würde es jedoch nicht zulassen, dass man sie wie Vieh zurück brachte oder gleich hier hinrichtete. Wie oft hatte ihr Bruder darüber gesprochen, was er ihr antun würde, wenn sie versagte. Heute jedoch war er hier um sein Versprechen ein zu lösen.“


    Tif’yle spannte sich leicht, als der Chiss auf den Eingang einer Bar zusteuerte, wo das Treffen vereinbart war. Für einen kleinen Moment schien Tif’yle zu zögern, doch dann schloss sich ihre Hand fester um den Zünder. Der Daumen legte sich auf den Auslöser. „Leb wohl Bruder“ hauchte eine tiefe Stimme unter der Maske, als sich der Daumen senkte und drei kleine Explosionen erfolgten, die die Straße in Rauch, Feuer und Schreie der vielen verwundeten und panischen Gestalten tauchte.

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