Teil 1: Moonwrecked

Nar Shaddaa, Ende Januar 12nVC


Kisten! Endlich hatte sie ein Versteck gefunden, in dem sie für den Moment sicher war. Sicher vor diesen großen, eigenartigen Wesen, die sich an diesem düsteren Ort voller künstlicher Lichter herumtrieben. Sicher vor den riesigen, fauchenden Dingern, die durch die großen Fenster in den noch größeren Räumen flogen und in die die Wesen ein- oder ausstiegen. Sicher vor den Blicken, die man ihr aus unheimlichen Auge zugeworfen hatte. Große, schwarze Augen, die glänzten. Ein schwarzes Augenpaar in einem grünen Gesicht mit einem Rüssel, ein Paar in einem schwarzen, haarigen Gesicht mit bösen, spinnenartien Fangzähnen, wo der Mund sein sollte.
Sayouri kauerte sich hinter den Kisten in der geschützten Ecke zusammen und drückte den gehäkelten Bantha an sich, den sie vor ein paar Monaten von ihrer großen Schwester Neyfirah bekommen hatte, als Say fünf geworden war. Ney, die noch irgendwo auf einem der großen fauchenden Dinger war, zusammen mit den unheimlichen Echsenwesen. Ney, die so komisch war, seit die Echsenwesen ihr diese Nadel reingesteckt hatten. Ney, die ihr in einem kurzen Moment der Klarheit gesagt hat, sie soll in diesen engen Tunnel krabbeln, aus dem Schiff – ja, sie hatte es Schiff genannt, das große, fauchende Ding – laufen und sich nicht umdrehen.
Ein lautes Brüllen ließ die kleine Sayouri zusammenzucken. Über den Rand der Kiste konnte sie gerade noch sehen, wie das Schiff dieser Echsenwesen in die Höhe stieg, durch das große Fenster flog und verschwand. Es war weg! Ney war weg! Und Nafirah, Sayouris zweite Schwester auch! Sie war vollkommen alleine an diesem gruseligen Ort. Niemand war mehr da, der auf sie aufpassen konnte. Die kleine Lethan rutschte mit dem Rücken an der Wand hinter sich zu Boden, zog die Beine an, schlang die Arme darum und weinte. Sie weinte, wie sie es schon die letzten Tage getan hatte, nachdem die Echsenwesen sie von ihrem brennenden Haus weggezerrt und in den vergitterten Raum gebracht hatten. In ihrem Kopf hallten die Schreie ihrer Eltern wider.
Sie weinte und vergrub das Gesicht in dem Banthafell, das Ney aus losen Wollfäden durch die Haut des Kuscheltiers gezogen hatte. Bis jemand über ihr laut „Hey!“ rief. Sie sah auf und blickte in das Gesicht eines blassen Twi’lek, der statt Lekku ein Fell auf dem Kopf hatte, dem ihres Kuschelbanthas nicht ganz unähnlich. Er sprach ein paar Worte in einer Sprache, die sie nicht verstand, streckte eine Hand nach ihr aus. Say biss zu, sprang auf und rannte los, an den Kisten und dem haarigen Kerl vorbei. An einer überdimensionalen Schnecke vorbei, die in tiefer Bassstimme etwas hinter Say herbrüllte. Durch eine Tür und in einen großen Gang, in dem sich noch mehr eigenartige Wesen tummelten. Gerüche von allerlei sonderbaren Speisen stiegen ihr in die Nase, Musik dröhnte aus Lautsprechern an der Decke, unterbrochen von Durchsagen in einer weiteren eigenartigen Sprache. Hinter ihr rief jemand etwas, wovon sie nur ein Wort verstand: „Lethan.“
Also rannte sie weiter, zwischen Beinen und Koffern hindurch, an Verkaufsständen und Warteschlangen vorbei auf den Ausgang zu. Metallische Hände griffen nach ihr. Sie ließ sich auf den Hintern fallen und rutschte weiter, nach draußen in die frische Luft, sprang wieder auf und rannte weiter, bis sie zu einer Brüstung kam. Sie kletterte hinauf – und sah sich nicht den Hängen mit gelegentlichem Grün ihrer Heimat gegenüber, sondern einer gewaltigen Skyline, Gebäude ragten vor einem dunkelroten Himmel in die Luft. Überall sausten Speeder in den unterschiedlichsten Größen umher. Wieder hörte sie Stimmen hinter sich. Der pelzige Twi’lek ohne Lekku stand hinter ihr, gemeinsam mit ein paar Männern, die vollkommen aus Metall bestanden. Einer davon sagte etwas in einer künstlichen, rauen Stimme, doch sie verstand ihn nicht. Als sie sich nicht rührte, sprach der Metallmann erneut, diesmal in Ryl: „Komm von dem Geländer runter und zu uns, Mädchen!“
Der Befehl gefiel ihr gar nicht, genau so wenig wie die Stimme oder das Aussehen der Männer. Sie blickte sich um, auf der Suche nach einem Ausweg, doch sie fand keinen. Ein anderer Metallmann machte einen Schritt auf sie zu. Sie geriet ins Wanken, fiel und konnte sich gerade noch mit der rechten Hand an der Brüstung festhalten. Kurz darauf erschienen die Köpfe ihrer Verfolger über ihr. Dann hörte sie ein zischendes, surrendes Geräusch unter sich. Ein größerer Speeder mit einer offenen Ladefläche voller Schrott raste nur wenige Meter tiefer auf sie zu. Ein Metallarm griff nach ihrer Hand.
In dem Moment holte Sayouri’ryu tief Luft, schloss die Augen und ließ los.