Kapitel 1

Die Sonne steht hoch am Himmel in der Mittagszeit und wenn man über den Vorplatz des großen Lagerhauses den Blick schweifen ließ konnte man das Flimmern der Luft sehen, wie sie noch mehr erhitzt vom geblendeten Stein aufstieg. Es war einer jener heißen Tage, an denen in der Stadt kaum jemand ein Gesicht zu sehen bekam. Dafür aber am Abend das geschäftige Treiben weiter ging. An den Pieren und seichten Stellen konnte man lediglich das Lachen der Kinder hören, die die vermeintliche Kühle des mittlerweile recht warmen Wassers nutzten um sich zumindest ein wenig Vergnügen zu gönnen. Vor gut einer Stunde war das Lachen von einem lauten Triebwerks Dröhnen unterbrochen worden. Klar es war alltäglich, dass hier mehrere Frachter jeden Tag landeten und starteten. Rishi war neben Tatooine ein gern gesehener Umschlagplatz für verschiedene Güter aller Art.



Gerade noch im Schilf hockend sah der Rotschopf hoch, als der Frachter den Landeplatz vor dem familieneigenen Lager ansteuerte. “Ich muss los.” rief die gerade mal 14 jährige zu ihren Kameraden, die auch kurzfristig zu dem Schiff hoch gesehen hatten. Einen kurzen Moment hatten sie innegehalten, bis man ihr nur noch hinterherrufen konnte. “Reeve, du bist dem eh zu jung.” lautes Gelächter ihrer halbstarken Begleitung begleitete ihre leicht platschenden Schritte raus aus dem Uferbereich, bis sie es letztlich nicht mehr hören konnte. “Idioten.” murmelte sie leise fast ein wenig bissig, als sie sich mit schnellen Schritten dann zum Lager bewegte. Kurz sah sie an sich hinab und überprüfte ihren Anblick, ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, verblieb ihr keine Zeit mehr sich noch herzurichten. So sah sie natürlich eher wie das tobende Kind aus. Dabei wollte sie doch auf der Schwelle zum Erwachsenwerden endlich wahrgenommen werden. Alle Versuche scheiterten und immer öfter drückte sie sich in der Nähe der Bars rum um die Frauen dort zu beobachten, was die wohl anstellten, dass die Männer so lachend mit ihnen rumschäkerten. Aber irgendwie konnte sie nicht verstehen, dass es wohl auch an der Kleidung lag und ja, wenn sie an sich hinab sah, gab es noch lange nicht so viel Weiblichkeit, wie die Damen in den knappen Oberteilen vorzuweisen hatten. Frustrierend war es irgendwie, besonders als sie vor ein paar Wochen feststellte, dass Rob sich auch genauso vergnügte. Sie hatte ihn zufällig entdeckt, als er mit einer dieser Frauen am Arm lachend in der Bar verschwand. Wütend war sie einfach nur weggelaufen, zu ihrem Versteck und hatte vor sich hin sinniert, warum er sie nicht sah. Dann hatte sie angefangen Tücher in ihr Oberteil zu stopfen und vor einem verblassten Spiegel die Damen imitiert, bis sie genervt aufgegeben hatte. So war sie nicht, und wollte auch nie so sein. Ein schäkerndes männerstehlendes Etwas.



Am Landeplatz angekommen, musste sie erstmal verschnaufen, lehnte sich gegen einen Stapel Kisten. Gleich rann ihr der Schweiß durchs Gesicht, den sie schon elendig genervt mit dem Shirt beiseite wischte. Sie sinnierte wohl noch einen Moment vor sich hin, als auf einmal eine leichte Bewegung sie aufschrecken ließ. Zu spät, eine grobe Hand legte sich in die eh schon verschwitzten Haare und rubbelte sie erstmal ordentlich durch, dass am Abend auch kaum eine Bürste wirklich helfen konnte. Eine tiefe männliche Stimme erklang fröhlich lachend:”Hey Kleine, du musst dich nicht verstecken, mit deinen Haaren leuchtest du den halben Platz aus. Die strahlen mehr als die Sonne selber.” Da stieg sie auf die Wut, die Verlegenheit folgte und in ihrem Inneren bildete sich ein Kloß, der schwer wie Durastahl in ihren Eingeweiden wütete, während beim Klang der Stimme dieses leichte flattern in ihrem Unterleib wieder losging. Es fühlte sich so toll an, wäre da nur diese Schwere nicht. Mit einem Ruck riss sich das Mädchen los und fauchte sicher etwas zu bissig: “Hallo Rob, freu mich auch dich zu sehen.” Es klang als würde sie mit einem scharfen Messer seine Eingeweide herausschneiden wollen. Über ihren eigenen Ton erschrocken schloß sie einen Moment die Augen und drehte sich dann erst zu ihm um, ein wenig Fassung musste wieder hergestellt werden. Er durfte nicht merken, was in ihr vorging, auch wenn sie offenbar nicht merkte, dass ihre Umwelt es an ihrer Nasenspitze sehen konnte.



Zuckersüß und irgendwie ironisch zu der Stimme, die gerade noch das Killerkommando losschicken wollte, lächelte sie ihn an zaghaft an:”Wenn du Vater suchst, der ist gerade nicht da. Ich habe… ich meine.. er hat… man hat… “ diese Augen… ihr Verschlug es die Sprache und sie schloß die Augen, wusste sie doch, dass es wie ein offenes Buch wäre dort hinein zusehen. Wer in der verdammten Galaxis kam auf die irre Idee solche Augen aus so schönen Gesichtern blicken zu lassen? Stammelnd brach sämtliche Beherrschung zusammen und sie lief puterrot an. Der vielleicht 1,90 m große Mann, räusperte sich vergnügt und rieb sich über die dunklen Bartstoppeln, welche Reeve sicher jede einzelne zählen konnte, wenn man sie nur ließ. Er musste etwas an sich halten nicht in Lachen auszubrechen, war es doch immer wieder ein Vergnügen, die rothaarige Furie aus der Fassung bringen. Dieser Wildfang, mit der flapsigen Schnauze, die ein intensiverer Blick völlig aus der Fassung brachte.”Schon gut, Bagg hat mit schon gesagt, dass ich warten muss. Aber ich konnte nicht umhin dir zumindest nen Guten Tag zu wünschen, Kleine.” Kurz zwinkerte er sichtlich amüsiert und drehte sich auch schon zum gehen um. Er lief ein paar Schritte, während denen sie sich nach Atem ringend wieder gegen die Kisten lehnte.



Die Fäuste leicht geballt und an die Seiten gepresst, öffnete sie langsam die Augen und aus den türkisblauen Seelenspiegeln blickte sie verwirrt hinter ihm her. Der großgewachsene Kerl in seiner schlichten grauen Stoffhose, den schweren Boots und dem Hintern, der verboten werden müsste. Die Arme so muskulös und der Oberkörper nur mit einem ärmellosen Shirt verhüllt. Dieser Geruch nach Öl, Metall und Mann… immer noch lag er ihr in der Nase und sie schien wegzuschweben mit jeder Nuance die sie von ihm aufnahm. Sie bemerkte nicht, dass sie sich immer schwerer gegen den Stapel gelehnt hatte, bis dieser nachgab und sie mit einem riesen Getöse die Kisten zum Einsturz brachte, unter dem Gejohle eines Mitarbeiters ihres Vaters, der wohl gerade zu einer reißerischen Rede Atem holte, als auch schon eine andere Stimme aus dem Lager erklang:”An die Arbeit, es gibt zu tun.” Die schweren Schritte kamen auf den eingestürzten Stapel zugelaufen und ein Schatten legte sich über die Rothaarige, als zwei kräftige Arme sie packten und auf die Beine stellten. “So, Reeve. Räum den Mist wieder auf und dann kannst du Fredd helfen die Fracht in Lagerraum 3 zu sortieren. Ich hab eine vorab Liste bekommen für die nächsten Frachtladungen. Ihr könnt die aufrufen und dann schon mal die Kisten zusammen stellen. Dann gehts was zügiger.” Schmollend nickte sie nur noch und fing gleich an die Kisten wieder zu stapeln unter den prüfenden Blicken des Mitarbeiters. Ihr Vater ging derweil zum Schiff rüber und organisierte und besprach mit Rob den weiteren Verlauf.



Reeve indessen drehte sich nicht mehr um, das war für einen Tag genug Schmach gewesen. So verschwand sie dann mit Fred im Lagerraum 3 und wart erst am Abend wieder gesehen, als sie nochmal mit funkelnden Augen um das Schiff schlich, einen XS - Frachter, und sie sich jedes Detail ansah, was sich geändert haben mochte. Das war der einzige Moment, wo sie bewundernd mit der Hand über den blanken stahl der Landekufen streichen und von einer Zukunft träumen konnte. In den weiten der Galaxie, idealerweise mit ihrem hübschen Piloten, aber auch ohne ihn würde sie das machen wollen. Ein Traum, wie junge Mädchen und Jungen ihn in dem Alter immer haben. Das Streben nach Freiheit, Unabhängigkeit und der großen Liebe. In die mystische Welt der Erwachsenen eintauchen und verstehen, warum sie nicht einfach mal locker lassen können. Aber sie hatte Ziele und das war das wichtigste. Sie wollte nicht davon abweichen auch wenn ihre Freunde sie auslachten. “Du wirst niemals Pilotin. Eher kriegst du Arme wie ein Ochse, wenn du deinem Vater ständig beim Kisten schleppen helfen musst.” Jegliche Versuche den Idioten zu erklären, dass die Droiden die Arbeit machten und sie nur rumkommandierte, verliefen im Sande. Also hatte sie es eh schnell aufgegeben, auch ihren Freunden von ihren Träumen und Wünschen zu erzählen. Niemand verstand sie und das war bitter für den Moment. Wohl war aber die Sehnsucht da und die trieb sie dazu an, sich alles, was sie aufschnappen konnte an Wissen, einzuverleiben.